Der Designer als Wandergeselle? Warum eigentlich nicht? Alexander Bönninger probiert’s aus.
Alexander Bönninger bei seiner zweiten Station: oblik identity design in Bremen
●Eine Design Walz: Klingt ungewöhnlich – ist aber eine ziemlich gute Idee, wenn man darüber nachdenkt! Dabei lernt man innerhalb von kürzester Zeit verschiedene Agenturen und Studios kennen, knüpft Kontakte und stellt einen viel persönlicheren Bezug zu den Leuten her als bei einem regulären Praktikum. Denn wenn der Arbeitgeber Kost und Logis stellt – wie bei einer Walz üblich – heißt das in den meisten Fällen: Man schläft auf der Gästecouch eines Kollegen.
So wie Alexander Bönninger derzeit in Bremen. Hier absolviert er seine zweite Walz-Station bei oblik identity design. Nach seinem Abschluss in Kommunikationsdesign an der Folkwang Universität der Künste in Essen entschloss er sich, zum Wandergesellen zu werden. Hierfür passte er das Konzept der Walz an den Designer-Berufsstand an, was unter anderem bedeutet: Statt einfach auf der Matte zu stehen, bewirbt er sich initiativ. Zudem entwickelte er einen kleinen Regelkanon:
Nicht länger als 8 Wochen an einem Ort.
30 Stunden pro Woche beim »Hoster« arbeiten.
Nicht näher als 30 km von der Lernstätte entfernt anheuern.
Nur das Nötigste zum Leben und Arbeiten im Gepäck.
Und so packte Alexander seinen Pappkarton und machte sich auf den Weg zu seiner ersten Station: wesentlich in Aachen. Wie es da war, kann man auf seiner Website sehen, auf der er das Projekt vorstellt und in einem Videoblog dokumentiert. Hier stellt er die Agenturen vor, die ihn anheuern sowie einige exemplarische Projekte, an denen er arbeitet. Die Seite dient auch als Referenz für seine Walz-Bewerbungen.
Bei der Auswahl setzt Alexander auf ein möglichst diverses Feld. Er will kleinere und größere Agenturen mit verschiedenen Schwerpunkten kennenlernen, denkbar sind auch andere Arbeitgeber, wie Druckereien. Seine nächste Station steht schon fest: happen.studio in Mainz. Dabei ist ihm nicht nur wichtig, die Menschen kennenzulernen, sondern auch die Städte. »Wo es mich langfristig hin verschlägt, weiß ich noch nicht.« Auch wann die Walz enden soll, hat er nicht festgelegt – »vielleicht, wenn ich groß bin.«
Mit seinem Projekt und dessen Dokumentation möchte Alexander auch andere Absolventen inspirieren: »Ich bin überzeugt, dass das Konzept für unser Metier sehr gut anwendbar ist!«. Wer neugierig geworden ist und Alexander gern bei sich aufnehmen möchte: Alle Infos und Kontakt gibt es hier.
Wer weiß: Vielleicht startet Alexander ja eine neue Tradition!
Das Smartphone-Spiel von Illustrator Timo Kuilder punktet mit minimalistischen Illustrationen und pulsierenden Animationen – grandios!
●Wie gut sich die Disziplinen Illustration und Creative Development ergänzen, beweist das Mobile Game Kontrast. Der niederländische Illustrator und Grafikdesigner Timo Kuilder fertigte die Motive für das Smartphone-Spiel an, sein Bruder Jurre Kuilder, Creative Developer, programmierte die iOS– und Android-App, in der man kleine Formen an die richtige Stelle in sieben minimalistischen, schwarzweißen Illustrationen bugsiert.
Pulsierende Animationen erhöhen den Schwierigkeitsgrad des Geduldsspiels. Der passende zarte Elektro-Sound stammt vom Musiker Ambrose Yu aus New York.
Der typische Stil von Timo Kuilder, der zwischen geometrisch-reduziert und surreal balanciert, wirkt dank der detailverliebten Animationen noch außergewöhnlicher – wodurch sich das Mobile Game ganz deutlich vom Design der meisten Spiele-Apps unterscheidet.
Noch mehr Eindrücke zeigen wir in der Galerie. Kontrast kann hier für ca. 0,90 € heruntergeladen werden: iOS / Android.
Zum 250. Jubiläum der Royal Academy of Arts launcht die britische Post eine Briefmarkenserie mit Arbeiten von Brit-Art-Größen wie Tracey Emin oder Grayson Perry.
●Auf 250 Jahre blickt die altehrwürdige Royal Academy of Arts in London zurück – und auf jede Menge schillernder Absolventen der Kunstakademie.
Arbeiten von sechs von ihnen, die allesamt ihren Abschluss an der Akademie gemacht haben, zieren jetzt das Briefmarken-Paket der Royal Mail zum Ehrenjahr.
Eine Malerei von Tracey Emin, berühmt geworden durch Arbeiten, die ihr Liebesleben offenlegen, ist ebenso dabei wie ein Bild von Grayson Perry, der sich gerne in Frauenkleidern präsentiert und seine Ansichten über die britische Gesellschaft auf Vasen hinterlässt, Abstraktes von Fiona Ray ist zu sehen, die sich mit den Möglichkeiten der Malerei beschäftigt oder eine Landschaft von Norman Ackroyd.
Andere Künstler sind Mika Shonibare und Fiona Rae.
Die Minikunstwerke sind an 7000 Filialen der Royal Mail erhältlich und können zudem online geordert werden.
Gleichzeitig kündigen die Briefmarken die alljährliche legendäre Sommerausstellung der Akademie an.
PAGE gefällt …: Fotografien von Chris Schmid aus Berlin, der dem scheinbar Alltäglichen die besonderen Momente entlockt – von melancholischen Nachmittagen in Venedig zu dem wahren Leben auf der Straße.
●Was ist der Unterschied zwischen UX und Interaction Design? Mit welchen Tools arbeitet ein Informationsdesigner? Wie wird man Virtual Reality Designer? Diese und viele weitere Fragen stellen wir in dem neuen Gesprächsformat Job Talks im Rahmen unserer Initiative Connect Creative Competence.
Auf dem ADC Festival 2018 in Hamburg sprachen wir mit drei Kreativen aus den Bereichen Interaction Design, Informationsdesign und Virtual Reality Design. Wer nicht live dabei war, kann sich die Gespräche nun als Videos anschauen. Viel Spaß!
»Interaction Design ist eine breit
gefächerte Disziplin«
Daniel Kränz, Head of Interaction Design bei deepblue networks in Hamburg, erklärt sein mentales Modell der »Kränz’schen Pyramide« und berichtet, wie er das Interaction-Design-Team in der Agentur mitaufgebaut hat und warum Interdisziplinarität bei dieser breit gefächerten Disziplin so wichtig ist. Bei deepblue begleiten Interaction Designer den Produktentwicklungszyklus von A bis Z – von Strategie über Konzeption, Design und Entwicklung bis hin zum Launch. Programmieren können muss man übrigens nicht – aber man sollte wissen, was prinzipiell möglich ist.
Mehr zum Thema lesen Sie in unserem Connect-Kompendium »Das macht ein Interaction Designer bei deepblue networks«. Hier downloaden!
»Informationsdesigner haben keinen
typischen Arbeitsalltag«
Jan Schwochow, Gründer und Geschäftsführer der Infographics Group in Berlin, erläutert, warum man sich als Informationsdesigner auch mal quälen muss, um gute Ergebnisse zu erzielen und wie wichtig Leidenschaft für den Beruf ist. Als Informationsdesigner muss man sich die Dinge, die man visualisieren soll, aneignen und sie durchdringen. Das erfordert viel Recherche und Abstraktionsvermögen. Jeder Auftrag ist anders, jeder Tag ist anders – ein spannendes Berufsbild!
Mehr zum Thema lesen Sie in unserem Connect-Kompendium »Das macht ein Informationsdesigner bei der Infographics Group«. Hier downloaden!
»Virtual Reality sehe ich vor allem
in der Unterhaltungsbranche«
Christopher Baumbach, Senior Creative Engineer bei Demodern in Hamburg, gibt Einblicke in seinen Werdegang als Autodidakt und seinen Arbeitsalltag, in dem er Kreativität und Technik verbindet. Für die coolen VR-Projekte von Demodern arbeitet er im Team mit 3D-Artists, UX und Screen Designern, Projektmanagern und Creatve Directors zusammen. Sein Appell an weibliche Entwicklerinnen: »Ihr könnt das genauso gut wie Männer – vielleicht sogar besser!«
Mehr zum Thema lesen Sie in unserem Connect-Kompendium »Das macht ein Virtual Reality Designer bei der Interactive Media Foundation und Demodern«. Hier downloaden!
Es ist gar nicht so leicht, das einfachste Ding der Welt in Szene zu setzen, wie der BBF-Magazin Award 2018 zeigt.
● Mit einem neuen Konzept ging die achte Ausgabe des internen Wettbewerbs des BFF (Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter) dieses Jahr an der Start. Es wurde eine Aufgabe ausgegeben – die schlicht und einfach darin bestand, einen Papierknüller fotografisch möglichst spannend zu inszenieren.
Das jüngst erschienene Magazin, gestaltet vom beliebten und durch seine Masken berühmten Hamburger Kreativduo Rocket & Wink, zeigt nun die Ergebnisse. Die Favoriten der Jury sind hier zu sehen.
Gold gab es für die Hamburger Still-Life-Fotografin Marie-Therese Cramer. Sie beeindruckte die Jury nachhaltig dadurch, dass bei ihrem Motiv KEIN Photoshop zum Einsatz kam, sondern sie die Effekte tatsächlich nur durch buntes Licht erzielte.
Gold auch für Oliver Brachat – eigentlich ein bekannter Food-Fotograf, hier aber mal auf »Abwegen«. Die Bilder des Model in einem Papiermantel von Anna Melenteva entstanden im Nassplatten-Collodium-Verfahren.
Das zugemüllte Innere eines Autos – mit einem erschreckenden dokumentarischen Foto gewann Darius Ramazani Silber. Ein Obdachloser lebt seit einem Jahr in dem Wagen. Wie Ramazani im Gespräch erfuhr, war derjenige früher Kreativer in einer Werbeagentur.
Ebenfalls Silber ging an Sarah Dulay, eine Modefotografin aus Stuttgart und mit zweitem Standbein in Kapstadt, deren Beitrag ganz oben zu sehen ist. Location für ihre bunte crime scene mit Papierknüllern als Tatwaffen war der Vitra-Store im Stuttgarter LOBA-Haus.
Zur Jury gehörten Dr. Gerald Rocketson und Petronius Amund Wink, besser bekannt als Rocket & Wink; Johanna Merensky von fischer Appelt, Mathias Deininger von Gruner + Jahr sowie die Autorin dieser Zeilen. Natürlich waren die Beiträge für die Jurierung anonymisiert.
Das Magazin lässt sich im Buchhandel unter der ISBN-Nummer 978-3-933989-54-3 und auf der BFF-Site für 29 Euro bestellen, plus Versandkosten.
Ein neues Geschäftsmodell praktiziert die Foundry Future Fonts: Typedesigner können schon im Entwurfsprozess Geld für ihre Alphabete bekommen und die Käufer Einfluss auf Gestaltung und Ausbau der Schriften nehmen.
●Typedesign muss kein einsames Geschäft mehr sein. Denn die neue Plattform Future Fonts macht daraus einen kollaborativen Prozess. Die Idee ist ganz einfach: Anstatt monate- oder gar jahrelang an einer Type zu arbeiten, um dann möglicherweise festzustellen, dass sich die Nachfrage in Grenzen hält, können die Gestalter sie auf Future Fonts schon während des Entstehens anbieten. Minimalanforderung ist eine arbeitsfähige Schrift, sie sollte möglichst die Buchstaben von A bis Z, Ziffern und Satzzeichen enthalten. Interessierte können die Fonts in Progress von Anfang an erwerben, je früher, desto günstiger. Für Updates, wie etwa zusätzliche Schnitte, müssen sie dann nichts mehr bezahlen.
Allerdings gibt es keine Garantie, dass die Schrift weiter ausgebaut wird. Für Schriftgestalter und -käufer bietet das Projekt, hinter dem Lizy Gershenzon und Travis Kochel vom Studio Scribble Tone aus Portland sowie James Edmondson von der Foundry OH no Type aus San Francisco stecken, also gleichermaßen Vorteile.
Momentan gibt’s bei Future Fonts 27 Schriften, die meisten in der Version 0.1, also noch am Anfang ihrer Entwicklung. Bei der Auswahl gehen Lizy Gershenzon, Travis Kochel und James Edmondson sehr sorgfältig vor: »Wir wollen Gestalter, die schon Erfahrung im Typedesign haben, die wirklich gute Arbeit machen wollen, ihren eigenen Ideen folgen, aber offen für Gedanken und Feedback von außen sind«, so Travis Kochel. Aber man kann sich auch bewerben: einfach ein PDF mit den Schriftentwürfen an submissions@futurefonts.xyz schicken.
Viele Gedanken haben sich die drei Gründer darüber gemacht, welche Angaben zu den Schriften sie online stellen sollten. »Am wichtigsten ist natürlich, inwieweit das Glyphenset komplett ist und wie viele Schnitte es gibt«, sagt James Edmondson, aber wir wollen auch Infos über Spacing, Hinting, Kerning und OpenType-Features liefern, Aspekte, über die Anwender möglicherweise gar nichts wissen. So können sie sehen, wie viel Arbeit in eine Schrift fließt, und deshalb eher verstehen, warum sie Geld kostet.«
Noch mehr zur Foundry Future Fonts sowie Stimmen aus der Branche zu dem neuen Businessmodell lesen Sie in PAGE 7.2018, die Sie hier bestellen können.
»Crowdfunding für Schriften – eine schöne Idee«
Wir kaufen unsere Schriften zum Teil über Fontabos, zum Teil als Lizenzierungen von verschiedenen Anbietern. Deshalb werden wir uns auch bei Future Fonts umschauen – unverbrauchte, gute Schriften haben einen sehr hohen gestalterischen Wert und rechtfertigen auch höheren Rechercheaufwand. Wenn die Bibliothek dort wächst, sollten die Verantwortlichen die Schriften nach Kriterien ordnen, das spart viel Zeit. Beim aktuellen Umfang des Angebots ist das aber noch nicht nötig.
Freie Platzwahl, ein Boxsack und unzählige Graffiti-Herzchen an der Wand – wir sehen uns virtuell in der Düsseldorfer Agentur Stagg & Friends um.
●Im Februar 2018 wagte Stagg & Friends den großen Umzug in das denkmalgeschützte Pumpenhaus am Düsseldorfer Medienhafen. Es gehört zum imposanten Gebäude-Ensemble »Wolkenbügel«, das alte und neue Architektur verbindet. Das Konzept für die 1.500 Quadratmeter große Stagg & Friends-Fläche stammt von Managing Partner Adone Kheirallah. Er achtete bei der Planung darauf, seinen etwa 50 Mitarbeitern viel Raum für die freie Entfaltung zu bieten und insgesamt ein ganz neues Arbeitserlebnis zu ermöglichen. Die neuen Räume bezeichnet die auf digitale und reale Live Experiences spezialisierte Agentur nicht mehr einfach als Büro – sondern als »Experience Hub«.
Was anders ist als vorher? Die Räume sind sehr offen gestaltet, 72 Arbeitsplätze sind auf drei Stockwerke verteilt, die dank Galerien nicht komplett voneinander abgeschlossen sind. Für alle Mitarbeiter gilt freie Platzwahl, um Kommunikation und Austausch untereinander zu fördern. Zurückziehen kann man sich auch, dafür wurden Ruhezonen und Lounges eingerichtet. Außerdem gibt es ein Atelier, eine große Terrasse am Hafenbecken und ein Deli fürs gemeinsame Mittagessen. Neben dem obligatorischen Kicker steht ein Spielautomat, ein Boxsack hängt an der Decke. Wer sich dort noch nicht genug ausgetobt hat, kann an den wöchentlichen Crossfit- und Lauftrainings der Agentur teilnehmen.
Die Einrichtung ist relativ schlicht, Eames-Stühle in verschiedenen Farben treffen auf Holz, viel Grau, Schwarz und Weiß. Dafür sind einige Wände mit Graffiti und Gemälden verziert, weitere Hingucker sind die Industriedetails des Gebäudes.
Alle Eindrücke zeigen wir in der Galerie – und hier geht’s zu den weiteren Beiträgen der Rubrik »Blick ins Studio«.
Für die hochwertigen Boxen einer schwedischen Traditionsfirma entwickelt Lundgren + Lindqvist eine Kampagne, die deren Qualität auf ungewöhnliche Weise zeigt.
●1918 wurde die schwedische Firma Göteborgstryckeriet (GBGT) gegründet, die heute eines der führenden Druckhäuser Europas ist und Anlaufstelle von Designern – und zudem den Packaging-Service Emko bietet.
Der bietet RigitBoxen ganz ohne äußere Naht- oder Klebestellen an. Vielmehr sind die Ecken ohne Abdruck und völlig glatt.
Diesen neuen Service launchte Göteborgstryckeriet während der Verleihung des schwedischen Awards Guldäggsgalan, der die Besten der Werbebranche auszeichnet.
Zu diesem Anlass entwickelte das Göteborger Designstudio Lundgren+Lindqvist einen Katalog und Popcorn-Becher für die Award-Show und vor allem entstand eine schräge Kampagne für die Rigid Boxes.
In ihr finden drei Chamäleons, eine Grille, Drinks und Boxen zueinander – in einer Landschaft, in der die Reptilien völlig problemlos über die nahtlosen Boxen gleiten können. Und einen Drink nehmen zwischendurch?
Auf jeden Fall spielt die Kampagne auf eine vorherige des Unternehmens an, die sich um ein Chamäleon-Haus drehte, gebaut aus den hochwertigen Papieren der Göteborgstryckeriet.
So hätte das Oberthema der diesjährigen CXI Konferenz in Bielefeld lauten können, bei der Kunden und Agenturen gemeinsam auf der Bühne stehen und ihre Arbeit vorstellen.
●In diesem Jahr war eine maßgeschneiderte Schrift Bestandteil bei fast jedem präsentierten Re-Branding auf der CXI Konferenz. Lukas Paltram von Dalton Maag London und David Bailey vom BBC präsentierten die neue BBC-Hausschrift Reith – von Bailey liebevoll »stylish workhorse« genannt, weil sie sowohl schick als auch funktional und massentauglich ist. Wie und warum die Schrift entstanden ist, kann man sich hier im Video ansehen.
Beim Redesign des Fußballclubs Fortuna Düsseldorf durch das Morphoria Design Collective diente die ans Logo angelehnte Fortuna Sans sogar als Basis für das gesamte Design-System. Andreas Ruhe und Alexandros Michalakopoulos berichteten sehr amüsant von ihrer Arbeit für den Kult-Verein. »Unser oberstes Ziel war, dass die Fans uns nicht die Bude abfackeln.« Mission erfüllt, Agentur steht noch! Die Schrift kommt sogar so gut an, dass es immer wieder Fragen gibt, ob man sie sich herunterladen kann. Der Club hat sich allerdings dagegen entschieden.
»Man muss der Demut und Ehrfurcht vor der Aufgabe mit Freude und Motivation begegnen« Ronald Wild
Insgesamt waren die Vorträge mit großen Marken und Unternehmen gespickt, darunter Deutsche Bahn, Lufthansa, Commerzbank und YouTube. Für Designer eine besondere Herausforderung: »Man muss der Demut und Ehrfurcht vor der Aufgabe mit Freude und Motivation begegnen«, so Ronald Wild, Corporate Design Manager bei Lufthansa. Wer sich an die Neugestaltung von Logos macht, die Designgeschichte geschrieben haben (Stichwort: Otl Aicher), muss schon eine gute Portion Mut und Selbstbewusstsein mitbringen. Und sich sehr gut mit der Marken-DNA auskennen. So kann ein eleganter Relaunch gelingen, wie ihn Martin et Karczinski für die Airline gestaltete (hier eine Designkritik dazu).
Auch die Designer der internationalen Brandingagentur Saffron hatten Respekt vor der Mammutaufgabe, das visuelle und strategische Chaos der Marke YouTube aufzuräumen und ein kohärentes, in sich stimmiges Erscheinungsbild zu gestalten, das der allgegenwärtigen Marke samt ihrer immensen Nutzerschaft gerecht wird (hier das Ergebnis und Expertenmeinungen dazu). Das taten sie aber mit sehr viel Humor (und der Hausschrift YouTube Sans), der auch auf der Bühne zu spüren war.
Respekt gebührt auch der Werbeagentur Heimat, die mit ihrem visuellen Relaunch der FDP im vergangenen Jahr für Furore sorgte. Art Director Felix Steiner ließ die Arbeit Revue passieren und gab Ausblick auf kommende Designs für die Fraktion – allerdings ohne Unterstützung vom Kunden. Politik ist dann manchmal doch wichtiger als eine Designkonferenz.
Wie wichtig eine gute und enge Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber ist, ist auf der CXI immer wieder Thema. Peter Martin von Martin et Karczinski und Ronald Wild von Lufthansa, die vor drei Jahren auf eben jener Bühne von den Anfängen der Neuentwicklung berichteten, erzählten, dass es durchaus auch mal gekracht habe zwischen den Parteien – sowie von der ein oder anderen schlaflosen Nacht. Bei einem Projekt dieser Größenordnung nicht verwunderlich.
Sascha Prosek, Head of Brand Strategy & Design bei der Commerzbank, und Holger Grünwald, Geschäftsführer bei Neugelb, berichteten von dem Sonderfall, wenn ein Unternehmen eine eigene Service-Design-Agentur gründet, um die Digitalisierung voranzutreiben (ausführliche Hintergründe dazu hier).
Gespannt sein darf man auch auf die Ergebnisse der Zusammenarbeit von Peter Schmidt Group und Deutsche Bahn. Lukas Cottrell, Managing Director bei Peter Schmidt Group, und Bahn-Marketingchef Michael Bütow präsentieren nämlich »nur« eine work in progress. Zu sehen bekamen die Zuschauer allein Entwürfe, die es NICHT geschafft haben. Mal sehen, wann die beiden die Früchte ihrer Arbeit präsentieren – auf der CXI-Bühne natürlich.
Für diese Ausgabe der Vortragsreihe von Illustratoren für Illustratoren wurde Bene Rohlmann eingeladen
●Bene Rohlmann zeichnet und collagiert für internationale Kunden aus Zeitung,
Magazin und Werbung, wie beispielsweise für die Kolumne »Schön doof« der Süddeutschen Zeitung, die seine Collagen wöchentlich veröffentlichte. In dem Vortrag an der HAW Hamburg redet er über seine Arbeit und seine Arbeitsweise als Illustrator.
Der Vortrag beginnt um 18 Uhr und ist kostenlos und öffentlich.
Handfestes Know-how vom Experten für die Erstellung kreativer Muster in Design oder Mode …
●Klingt kinderleicht, doch schöne Muster zu entwickeln, ist gar nicht so einfach. Ein neues Buch von Paul Jackson geht das Thema höchst amtlich an. Der Titel »Muster im Rapport« klingt zwar alles andere als sexy – doch Achtung, dieses Buch über die Kreation von Mustern kann süchtig machen!
Wer die Methoden step by step ausprobiert, wird leicht vom Fieber der Drehungen, Verschiebungen und Spiegelungen gepackt. Dabei sind kaum hübsche bunte Muster zu sehen, denn der Autor geht es systematisch an, nutzt meist einfach asymmetrische Buchstaben, damit man die Prinzipien der Mustererstellungen nachvollziehen kann (wie bei den unten gezeigten Spiegelungen gleichseitiger Dreiecke). Es geht also ums Selbermachen, nicht ums Schwelgen in den Kreationen anderer.
Bekannt ist Paul Jackson wegen seiner wunderbaren Publikationen über Papierfalttechniken für Designer, was ihn quasi nebenbei mit Kunst und Wissenschaft der Symmetrie bekannt machte. Mit seinem Muster-Handbuch kann nun jeder Kreative zum Muster-Experten werden. Gleich danach sollte man übrigens zu »Generative Gestaltung« greifen. Ein echter visueller Zauberkasten wäre der Lohn.
Noch ein Beispiel, diesmal geht’s um die zahllosen spannenden Möglichkeiten, eine quadratische Kachel zu verändern, und die daraus entstehenden Escher-Parkettierungen.
Paul Jackson: Muster im Rapport. Die Grundlagen für Design, Mode und Architektur. Haupt Verlag, Bern 2018 160 Seiten 39,90 Euro 978-3-258-60182-3
Für die Kinderhilfsorganisation »Children for a better World e.V.« zeichnete und animierte Jojo Ensslin einen Spot, der bei Public Viewings zum Pfand-Spenden aufruft.
●Es ist so einfach wie der Spot es zeigt: Zum Public Viewing gehen, sich amüsieren und dann die Becher, die gegen Pfand ausgegeben werden, zugunsten der Kinderhilfsorganisation »Children for a better World e.V.« spenden.
Die Münchener Organisation setzt sich dafür ein, dass Kinder und Jugendliche unabhängig von ihrer Herkunft Zukunftschancen haben und unterstützt die 2.6 Millionen Kinder, die in Deutschland in Armut leben, zudem mit Mittagsessen.
Da die Charity dabei auf Spenden angewiesen ist, entstand die Idee, dass das Becher-Pfand bei den Public Viewings der Fußball-Weltmeisterschaft gespendet werden könnte.
Wie das geht, erklärt ein kleiner Spot, den der Illustrator Jojo Ensslin zeichnete und animierte – und der sich den schönen Schlenker erlaubt, die Botschaft rülpsen zu lassen.
»Trinkt aus, wenn ihr helfen wollt« heißt es da und dazu hüpft ein Fußball ganz Karaoke-mäßig die einzelnen Worte entlang.
Hinter der Masterarbeit »Heartware« steckt ein interessantes Gedankenspiel …
●Unsere Erinnerungen machen uns zu denjenigen, die wir heute sind. In der zunehmend schnelllebigen und durchdigitalisierten Welt kommt es allerdings vor, dass wir Situationen weniger intensiv erleben und die Erinnerungen schneller verblassen. Was, wenn eben diese technische Entwicklung uns dabei helfen könnte, uns mit allen Sinneseindrücken an etwas zu erinnern?
Dieses Gedankenspiel ist die Basis der Masterarbeit »Heartware – The Future of Your Past« von Isabel Gesenhues im Studiengang Kommunikationsdesign an der Muthesius Kunsthochschule Kiel.
Sie entwarf das Produkt »Heartware«, das – im Jahr 2050 – die emotional relevanten Momente unseres Lebens speichert und vor dem inneren Auge abspielt. Getragen wird es wie Ohrschmuck, die Steuerung erfolgt über unsere Gedanken. Neben dem Konzept entwickelte Gesenhues auch das Erscheinungsbild der Marke sowie eine Reihe von Plakatmotiven, die alle mit dem assoziativen Charakter von Erinnerung spielen.
Ob so die Zukunft aussieht?
Isabel Gesenhues entwickelte »Heartware« als Masterarbeit im Projektbüro der Muthesius Kunsthochschule in Kiel
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●In Workshops und Vorträgen möchten die Veranstalter Themen wie geschlechtliche Vielfalt, Equal pay, oder die Repräsentation von weiblichem und männlichem Lehrpersonal an Kunst- und Designhochschulen sprechen.
●In den letzten Jahren erschienen viele Bücher mit schönen Illustrationen, aber »Kaleidoscope« aus dem Verlag Gingko Press ist besonders. Sonst sollen Illus ja oft möglichst schnell etwas kommunizieren. Hier erzählen die Bilder hingegen Geschichten, in die man sich vertiefen, ja geradezu verlieren kann. Bei Arbeiten dieser Art bietet die Publikation mit dem Untertitel »The Art of Illustrative Storytelling« zudem eine tolle Stilvielfalt.
Oben eine Illustration der in New York lebenden Chinesin Lisk Feng, die mit ihrem erzählerischen Stil nicht nur Kunden wie Apple, Penguin, Airbnb, Chanel, »The New Yorker« oder die »New York Times« begeistert, sondern auch schon diverse Kinderbücher publiziert hat.
Keineswegs immer wird es bei der in London lebenden Spanierin Helena Pérez García so gruselig wie hier. Oft aber wirken ihre Bilder geheimnisvoll und surreal. Kein Wunder, dass sie auch öfters Buchcover illustriert.
Die Koreanerin Chae Sehee liebt einen verspielten, aber dabei sehr »ordentlichen« Stil. Oft gibt es auf ihren zauberhaften Bildern eine Fülle von Details zu entdecken. Kein Wunder, dass auch ihre Arbeiten bei Cover-Gestaltern sehr beliebt sind. Das gezeigte Motiv ist auf dem Umschlag eines koreanischen Jugendbuchs mit dem Titel »Weihnachten im Sommer« zu sehen. Auch das Covermotiv von »Kaleidoscope«selbst stammt von Chae Sehee.
Bei diesem Cowboy scheint es nicht optimal zu laufen, so viel ist klar – aber was mag ihn dahin gebracht haben? Sein Schöpfer, Patrick Doyon aus Montreal, ist jedenfalls ein so guter Geschichtenerzähler, dass sein Animationsfilm »Sunday« 2012 sogar für einen Oscar nominiert war. Das gezeigte Bild stammt aus einer Reihe von drei Illustrationen, die für die Cinemathek in Quebec entstanden und auf einem Riso-Printer in Schwarz, Gold und Neon-Pink gedruckt wurden. Zu kaufen gibt es sie hier.
»Trumpet Solo« heißt dieses Bild von Illustrator Jesús Sotés Vicente aus dem nordspanischen Pamplona. Alle Zutaten für eine Geschichte, die Neugierde erzeugt, sind vorhanden: eine mysteriöse, skurrile Situation; ein Mann mit unkenntlichem schwarzen Kopf, der genau zu wissen scheint, was er tut; die seltsame Kongruenz zwischen dem Output von Scheinwerfer und Blasinstrument. Werden hier Signale gegeben und wenn ja, wer ist der Empfänger???
Wer mehr Bilder sehen will, über die man lange grübeln und fantasieren kann, wird in dem Band von Gingko Press garantiert fündig.
Kaleidoscope. The Art of Creative Storytelling Gingko Press, Berkeley und Hamburg 2018 240 Seiten 39,90 Euro ISBN 978-1-58423-689-4
Inwiefern sich das Design von Onlineshops in letzter Zeit verändert hat – und welche E-Commerce-Trends wir demnächst erleben werden, beschreiben Marc O. Schürmann und Julia Saswito von Triplesense Reply im Interview.
●Viele Jahre lang waren die meisten Onlineshops eher für männliche Zielgruppen gestaltet – was wir vor drei Jahren in diesem Interview thematisiert haben. Wir wollten wissen, was sich seitdem getan hat und haben Julia Saswito, Geschäftsführerin der Agentur Triplesense Reply, und Marc O. Schürmann, Head of User Experience, zum Thema befragt. Die beiden E-Commerce-Experten berichten nicht nur von bisherigen Veränderungen – sondern geben auch einen Ausblick auf die nächsten Onlineshop-Trends, beispielsweise künstliche Intelligenz.
Die Gestaltung von Onlineshops war lange Zeit eher auf die Bedürfnisse von Männern ausgelegt. Vor drei Jahren haben wir zu diesem Thema mit zwei Ihrer Mitarbeiterinnen gesprochen – was hat sich seitdem getan? Julia Saswito: Wir haben damals einige Details für die Gestaltung von Onlineshops vorgeschlagen, auf die vor allem weibliche Zielgruppen Wert legen – und die mittlerweile üblicher sind. Dazu gehört etwa die Darstellung von Produkten in Aktion oder aus verschiedenen Perspektiven. Auch die Einbindung von Kundenbewertungen ist inzwischen verbreitet: Diese ist besonders für weibliche Zielgruppen wichtig, da Frauen tendenziell mehr auf den sogenannten Social Proof achten. Zudem kann man mittlerweile beobachten, dass die Erlebbarkeit und Vergleichbarkeit von Produkten gesteigert wurden, was Frauen ebenfalls besonders wichtig ist. Es hat sich also einiges getan. Generell ist sowohl die Gestaltung als auch das UX-Design im E-Commerce im Vergleich zu vor einigen Jahren wesentlich besser geworden. Das liegt auch daran, dass immer mehr in das Thema Datenanalyse investiert wird, so dass Marketingverantwortliche prüfen können, was wirklich funktioniert. Auch die zunehmende Relevanz von Social Media hat einiges beeinflusst.
Hat sich durch die etwas »weiblichere« Gestaltung von Onlineshops auch das Nutzerverhalten von Männern und Frauen verändert? Saswito: In Bezug auf das Nutzerverhalten gibt es nach wie vor Unterschiede. Frauen kaufen vor allem deswegen anders, weil sie größtenteils andere Dinge kaufen – daran hat sich nichts geändert. In der Tendenz bestellen Männer mehr Technik, Frauen mehr Fashion. Der große Trend ist, dass seit Neuestem beide Gruppen sehr viele Artikel aus dem Home-Bereich kaufen. Wenn man Mode oder Schuhe shoppt, hat man andere Ansprüche und Wünsche als beim Kauf eines Fernsehers. Es kommt zudem darauf an, ob der Nutzer Dinge kauft, weil er wirklich einen Bedarf hat oder weil er sie mag.
»Personalisierung ist zunehmend möglich – und das wird auch die Richtung sein, in die sich der E-Commerce verstärkt hinbewegen wird.« – Julia Saswito
Marc O. Schürmann: Ein weiterer Punkt ist, aus welchem Anlass man kauft. Möchte man schnell einen Zubehörartikel oder ein T-Shirt bestellen oder geht man shoppen, weil man das Produkt total interessant findet? Männer shoppen auch, wenn sie einfach nur ein spannendes Gerät haben wollen – etwa im Technikbereich. Dann schauen sie sich Produkte wochenlang an, überlegen gründlich, lesen Kundenrezensionen. Weil sie das Gerät nicht unbedingt brauchen, sondern weil es der Unterhaltung dient. Der Ablauf ähnelt also dem, ein schönes Outfit zu kaufen – auch wenn es um ganz andere Produkte geht. Der Kontext ist dabei immer entscheidend.
Saswito: Frauen shoppen zudem mehr mobil. Auch der Informationsprozess läuft häufiger mobil ab als bei Männern. Das muss man als E-Commerce-Betreiber auf jeden Fall berücksichtigen. Zudem kaufen Frauen nicht nur für sich, sondern auch für Familie und Freunde ein. Für bestimmte Anlässe shoppen sie öfter im Voraus. Dadurch sind Frauen eher ansprechbar für saisonale Aktionen und Angebote. Interessant ist, dass Frauen stärker als Männer auf Bonusprogramme anspringen.
»Viele Shop-Betreiber haben erkannt, dass eigene Inhalte, selbstproduzierte Bilder und Texte auch für die Suchmaschinen ausschlaggebend sind.« – Marc O. Schürmann
Was für den einen Kunden ein Bedarfsartikel ist, kann für den nächsten ein Unterhaltungsprodukt sein. Wie spricht man beide Zielgruppen gleichzeitig an? Schürmann: Grundsätzlich muss man als Anbieter gewisse Entscheidungen treffen. Hat man einen E-Shop für Festplatten, wird anhand der Kundendaten ersichtlich, dass man hauptsächlich männliche Kunden hat, richtet man die Produktseiten entsprechend aus, indem man etwa die technischen Daten in den Vordergrund stellt. Außerdem dürfen Produktseiten nicht nur einen Inhalt abbilden, sie sollten immer eine gute Mischung bieten. Neben den technischen Daten sollten Marketer auch Anwendungsbeispiele zeigen oder Nutzerbewertungen einbinden. Eine Produktseite kann nie zu lang sein, sie muss umfassend informieren und individuelle, an die Zielgruppe angepasste Inhalte enthalten. Dieser Bereich hat sich in den letzten Jahren definitiv verbessert. Viele Shop-Betreiber haben erkannt, dass eigene Inhalte, selbstproduzierte Bilder und Texte auch für die Suchmaschinen ausschlaggebend sind.
Saswito: Man darf sich nicht zu allgemeinen Schlussfolgerungen hinreißen lassen – jedoch können Onlineshop-Betreiber grundsätzlich versuchen, bestimmte Kundengruppen auf der Website zu erkennen. Etwa wenn man mit ihnen bereits eine Geschäftsbeziehung hat, sie per Login oder durch andere Trackingmethoden wiedererkennt. Auch die Herkunft oder verwendete Geräte lassen Annahmen zu. Bestimmten Gruppierungen können daraufhin bestimmte Inhalte angeboten werden. Personalisierung ist zunehmend möglich – und das wird auch die Richtung sein, in die sich der E-Commerce verstärkt hinbewegen wird.
Diese Einsicht trägt auf Kundenseite sicher auch zu der Bereitschaft bei, mehr in die Gestaltung von Produktseiten zu investieren. Saswito: Mittlerweile ist auf Kundenseite klar, dass Content-Strategie und Content-Produktion sehr wichtig sind, um Produkte attraktiv darzustellen und Leads zu generieren. Der Return on Invest ist einfach auszurechnen – etwa wenn man sich im Fashion-Bereich ansieht, wie sich durch den Einsatz von Videos die Abverkaufszahlen für bestimmte Produkte steigern lassen.
»Multimodaler Commerce und die Ergänzung von Online- und stationärem Handel wird immer wichtiger.« – Julia Saswito
Als Gegentrend zu sehr individuellen Inhalten, etwa auf Produktseiten, setzen einige große E-Commerce-Betreiber auf maschinell erstellten Content. Was lässt sich diesbezüglich erwarten? Saswito: Durch künstliche Intelligenz hat sich sehr viel getan, sowohl in der Text- als auch in der Bildbearbeitung. Jeder E-Commerce-Betreiber muss für sich selbst bewerten, wie die maschinell erstellte Beschreibung im Vergleich zu manuell geschriebenen Texten performt – und wie sich das Ergebnis zur Kostenersparnis verhält. Demnächst werden wir im E-Commerce sehen, dass viel mit Automatisierung und künstlicher Intelligenz experimentiert wird. In der Regel mit dem Fokus, schneller zu werden, Kosten zu sparen – oder beides. Es ist auch zu erwarten, dass es daraufhin eine Welle gibt, in der man gezielt auswertet, inwieweit das wirklich funktioniert.
Welche weiteren E-Commerce-Trends erwarten Sie in der nächsten Zeit? Saswito: Multimodaler Commerce und die Ergänzung von Online- und stationärem Handel wird immer wichtiger. Lange Zeit hat wurden Onlineshops als Ergänzung gesehen, mittlerweile bauen die reinen Online-Anbieter selbst neue Arten von Commerce und Retail auf. Es geht nicht mehr darum, auf welchem Kanal man verkauft. Es geht vielmehr darum, dass man verkauft und dieses Erlebnis möglichst ganzheitlich gestaltet – mit hoher Wiedererkennbarkeit in der Customer Experience. Persönlich hoffe ich zudem, dass es uns gelingt, komplette Customer Journeys mit validen Daten durchzumessen. So könnten wir noch besser verstehen, wie das Zusammenspiel zwischen Mobile, Online, stationärem Handel, Social Media und persönlichem Austausch funktioniert.
Schürmann: Ein weiterer Trend für E-Shops könnten Conversational Interfaces sein, die es ermöglichen, während des Einkaufens mit einem Mitarbeiter oder Bot zu chatten. Vermutlich werden auch Virtual sowie Augmented Reality an Relevanz gewinnen. Ein gutes Beispiel ist die Ikea-AR-App, über die Interessierte ausprobieren, wie ein Möbelstück in der eigenen Wohnung aussieht. Damit verschmelzen Online und Realität immer mehr – und werden auch auf diese Weise immer kontextbezogener und individueller.
Die Future Tense Conference, die im Oktober in Zagreb stattfindet, schaut in die Zukunft – genau wie das Erscheinungsbild des Designstudios Bruketa&Žinić&Grey.
●Natürlich kann man über die Zukunft spekulieren, wie wir dann leben und arbeiten, was sich entwickelt und verändert hat. Aber alles das ist eben nur Spekulation und in ständiger Veränderung.
Und genau dort setzt das Erscheinungsbild an, das das Designstudio Bruketa&Žinić&Grey aus Zagreb für die Future Tense Conference entwickelte.
Anstatt sich auf eine statische Corporate Identity zu verlassen, die einen Blick in die Zukunft wirft und diese visualisiert, haben die Kreativen einen Bot gestaltet und programmiert, den zwei Roboteraugen repräsentieren.
Verbunden mit Twitter-Hashtags wie future, business, foresight, innovation, change, machine learning und sustainability, verwandelt er diese in die grafischen Elemente der Identity und ist in ständiger Veränderung.
Kreativchef Nikola Žinić von Bruketa&Žinić&Grey sagt: »Durch diese Visual Identity haben wir als Agentur uns selbst in die Rolle eines Zukunftsforschers begeben und zeigen, wie unsere Zukunftsvision von Erscheinungsbildern aussieht«. Und zwar »dynamisch und veränderlich genauso wie die unterschiedlichen Daten«.
Auf diese Weise ist die Identity der Future Tense Conference genauso unvorhersehbar wie die Zukunft selbst.
●Die Online-Plattform Fat Llama bietet Menschen die Möglichkeit, sich Dinge von anderen auszuleihen oder ihre eigenen Verleih-Angebote einzustellen. Jetzt hat sich der Service eine frische visuelle Identität zugelegt, die richtig niedlich ist.
Beim Slogan »Join the herd« sowie dem Namen der Plattform selbst denkt man zwar nicht direkt an einen Online-Verleih, aber möchte doch wissen, was dahinter steckt.
Das Markenzeichen ist ein Lama namens Larry, das beispielsweise in einer der animierten Illustrationen auf dem Autodach eines VW Campers mitfährt. Larry begleitet das gesamte Branding – ob in den Illustrationen im Netz, auf der Webseite, im Messenger-Service, auf großflächigen Werbeplakaten, auf T-Shirts oder anderen Merchandising-Artikeln. Allerdings ist der Online-Service nur in England und in den USA verfügbar.
Das Designstudio Koto aus London, das uns auch schon durch das damals neu gestaltete Erscheinungsbild von BlaBlaCar bekannt ist, zeichnet für die Gestaltung verantwortlich. Die Animationen wurden umgesetzt von Illustrator und Animations-Artist »Mr. Griff« aus Hastings, England.
Das alte Logo zeigte mit seiner Bildmarke ebenso ein Lama, aber nur den Kopf, der ein wenig an das alte Deliveroo-Logo erinnert (PAGE berichtete), ein bisschen witzig und charmant, aber nicht modern und wenig Zielgruppen gerecht. An kindlicher Verspieltheit hat die neue visuelle Identität nichts eingebüßt, sie bereitet Freude beim Anschauen, insbesondere die Animationen lassen den Nutzer des Service schmunzeln.
Im Mittelpunkt des gesamten Erscheinungsbildes steht die Bildmarke: das Lama und sein flauschiges Fell, weswegen es dieses auch in verschiedenen Farben gibt. Larry funktioniert ebenso als Social Media Icon, jedenfalls einigermaßen, man kann seine Form – auch wenn er eigentlich nicht fett ist 😉 – in kleinem Format noch erkennen.
Open Studio Stockholm entwickelte für die schwedische Bio-Teemarke Dear Tea Society ein hübsches Verpackungsdesign im Look von Büchern.
●Ein gutes Buch und dazu eine Tasse Tee – himmlische Kombi! Das dachte sich auch Open Studio Stockholm bei der Entwicklung der Teemarke Dear Tea Society. Die Gestaltung des Packagings, die Typografie und der Text auf den Schachteln sind ganz bewusst an das Design klassischer Romane angelehnt. Auch das Naming der fünf Bio-Teesorten, von »Earnest Earl« über »Mellow Mr Bloom« bis »Daring Dorothy« erinnert an Buchtitel.
Die Motive auf der Verpackung stammen von fünf Künstlern und sind Öl-Gemälden nachempfunden. Sara Nielsen Bonde malte die »Cool Miss Green« im grünen Kleid, der nachdenkliche »Earnest Earl« stammt von Robin Portnoff. Die beiden »Witty Cheries«hat Mimmi Blomqvist beigesteuert. »Daring Dorothy« ist eine Replik des Kunstwerks »Dame in gelb« des expressionistischen Malers Willy Jaeckel, die Carl Ahlman anfertigte.
Am besten gleich ein paar Schachteln horten – und wie im Bücherregal in Szene setzen!