Wie erleben Berufseinsteiger die Designbranche – und wie gut (oder schlecht) haben Studium oder Ausbildung sie auf den Job vorbereitet? Im letzten Teil unserer Serie berichten vier gelernte Mediengestalter von ihren Erfahrungen.

Vanessa Janich ist Mediengestalterin in Oldenburg.
●Wie finden sich Berufseinsteiger in der Design-Branche zurecht, wie gut ist die Mediengestalterausbildung und welche Skills sollten Designer heutzutage unbedingt beherrschen? Wir haben uns in letzter Zeit mit etlichen Design-Newbies unterhalten, die von ihren Erfahrungen erzählt haben. Ihre Berichte stellen wir nach und nach vor…
Vanessa Janich, 21, Mediengestalterin in der Marketingabteilung eines Unternehmens, Oldenburg:
»Während des schulischen Teils meiner Ausbildung zur Mediengestalterin haben wir sehr wenig mit Programmen gemacht, da die Schüler in den unterschiedlichen Ausbildungsbetrieben mit verschiedenen Programmen arbeiten – manche nutzen Adobe, andere Corel. Ich arbeite hauptsächlich mit der Creative Cloud und kann mit den Programmen sehr gut umgehen, weil ich sie bei der Arbeit in meinem Ausbildungsbetrieb von Anfang an viel genutzt habe. Die Berufsschullehrer kennen sich mit den Programmen zwar aus, sie arbeiten aber nicht täglich damit und haben daher begrenzte Fähigkeiten. Oft haben wir Schüler uns untereinander geholfen, vor allem kleine Kniffe von neuen Software-Versionen haben wir uns meist gegenseitig beigebracht.
Offenheit und Teamfähigkeit sind in unserem Beruf sehr wichtige Eigenschaften.
Nach der Ausbildung bin ich übernommen worden und habe direkt einen eigenen Bereich übertragen bekommen, für den ich verantwortlich bin. Ich empfinde es als eine sehr große Wertschätzung, dass mir das zugetraut wurde. Ich bin superzufrieden! Ich würde sagen, dass Offenheit und Teamfähigkeit in unserem Beruf sehr wichtige Eigenschaften sind. Auch Geduld ist gefragt. Im Designbereich sind die Geschmäcker verschieden, darauf sollte man sich einstellen. Und man sollte nicht zu schüchtern sein! Seine Arbeitsergebnisse kann man ruhig selbstbewusst präsentieren. So zeigt man, dass man überzeugt von seinen Ideen ist, statt sich selbst in den Schatten zu stellen.«

Felix Teichgräber, 21, Kreativdirektor, Schmid & Kreative, Oberviechtach:
»Während meiner Ausbildung in einer Werbeagentur habe ich mir die Gestaltungsgrundlagen komplett selbst beigebracht. Nicht mal den Basisaufbau eines Designs hat man mir gezeigt. Als Azubi wurde mir leider sehr wenig zugetraut, ich arbeitete hauptsächlich Bestandssachen ab. Eigene Ideen waren nicht erwünscht: Sollte ich doch mal etwas Neues gestalten, musste ich mich an vorgegebene Skizzen halten. Ich habe mich mehrfach beschwert, was leider nichts brachte.
Nach dem Abschluss der Ausbildung wollte ich wegen meiner negativen Erfahrungen erst mal frei arbeiten.
Um mich weiterzuentwickeln, habe ich in meiner Freizeit Websites redesignt, an Wettbewerben teilgenommen, viel bei Behance und dribbble geschaut und Designblogs gelesen. Ich entwarf ein Branding und eine Website für mich, worüber erste Freelanceraufträge zustande kamen. Nach dem Abschluss der Ausbildung wollte ich wegen meiner negativen Erfahrungen erst mal frei arbeiten. Durch ein gemeinsames Projekt ergab sich mein jetziger Job in einer kleinen Agentur. Hier fühle ich mich sehr gut aufgehoben. Von Projektstart bis -ende bin ich dabei, ebenso bei Kundenterminen und endlich kann ich mir Hintergrundwissen aneignen, wodurch ich viel besser beraten und gestalten kann. Und meine Meinung zählt. Das hat in der Ausbildung gefehlt.«

Michelle Marschall, 26, Creative Director, Ideenkonzept, Wesel:
»Ich habe im August 2015 angefangen mit der Ausbildung zur Mediengestalterin Digital und Print. Mein Schwerpunkt liegt auf Gestaltung und Technik, im digitalen Bereich. Die Ausbildung habe ich angefangen, weil ich vorher vier Semester Medieninformatik studiert hatte und lieber etwas Praktisches machen wollte. Das Studium war mir zu trocken und theoretisch. Ich hatte dadurch allerdings schon HTML- und CSS-Vorkenntnisse, weswegen ich meine Ausbildung verkürzen konnte. Ich habe sie im Januar 2017 abgeschlossen, seit Februar arbeite ich in meiner Heimatstadt Wesel in einer kleineren Agentur. In meinem Job bin ich komplett glücklich, das Team und der Zusammenhalt sind super und die Agentur ist einfach toll. Ich bin hauptsächlich für die Frontend-Entwicklung zuständig, für die digitalen Medien wie Webseiten, Newsletter oder Social Media und Werbebanner. Zudem arbeite ich im Printbereich sowie Projektmanagement und habe als Creative Director eine Übersicht über alle laufende Projekte.
Während der Ausbildung musste ich mich ein bisschen durchwurschteln und selbst gucken, wie ich meine Aufgaben hinbekomme.
In meinem Ausbildungsbetrieb, einem großen Unternehmen in Essen, wurde ich am Anfang ins kalte Wasser geschmissen und war für mich selbst zuständig. Im Nachhinein finde ich das gut, weil ich schnell sehr viel gelernt habe – doch während der Ausbildung hat es mich teilweise gestört, dass niemand Zeit für mich hatte. Ich musste mich ein bisschen durchwurschteln und selbst gucken, wie ich meine Aufgaben hinbekomme.
Der Unterschied zwischen einem Mediengestalter im Digitalbereich und einem Programmierer ist gering. Es ist wichtig, dass man auch als Mediengestalter die gängigen Programmiersprachen kennt und damit umgehen kann. Ich konzentriere mich jetzt mehr auf das Design, also HMTL und CSS. PHP und jQuery, JavaScript verstehe ich so weit und kann damit arbeiten. Wenn es an die tiefe Programmierung im Backend geht, gebe ich die Aufgabe allerdings weiter. Ich finde, dass die digitalen Mediengestalter in der Ausbildung immer noch etwas vernachlässigt werden. In der Berufsschule ist zu wenig Zeit, alles zu vermitteln, deswegen werden eher klassische Printthemen gelehrt, ohne auf Digitales einzugehen. Ich hätte mir gewünscht, viel mehr zu JavaScript, jQuery und PHP zu lernen. Das kam allerdings wirklich zu kurz. Das meiste habe ich mir selbst beigebracht, dafür habe ich viel im Internet sowie in Büchern gelesen und mir Videos angesehen. Doch mein Beruf ist genau das, was ich machen möchte – meine Leidenschaft, deswegen setze ich mich gern damit auseinander, auch in meiner Freizeit.«
Weitere Beiträge aus der Serie:
Teil 1: »Man muss in Agenturen Durchsetzungsvermögen haben«: Eine Creative-Social-Media-Managerin, ein Junior Art Director, eine Junior Texterin und ein Junior Product Designer berichten von ihrem Berufsalltag.
Teil 2: »Der schulische Teil der Mediengestalter-Ausbildung ist relativ schlecht«: Eine auszubildende Mediengestalterin, ein Junior Art Director, eine Master-Studentin und eine Grafikdesignerin erzählen von ihren Erfahrungen.
Teil 3: »Man muss extrem kreativ sein, um sich behaupten zu können«: Ein Gestalter und drei Grafikdesignerinnen sprechen über ihren Berufseinstieg und wie die Ausbildung sie darauf vorbereitet hat.
Teil 4: »Das technische Wissen wirkte an der Uni zum Teil veraltet«: Eine Junior-Product-Designerin, eine Designerin mit Lehrauftrag und eine Motion-Design-Volontären teilen ihre Erfahrungen. Außerdem gibt’s einen anonymen Bericht, der jemandem, der die Branche sehr negativ erlebt hat.
Teil 5: »Mein Beruf ist sehr vielseitig – und genau das, was ich immer machen wollte«: Eine Projektmanagerin, ein Dual-Studierender, eine auszubildende Mediengestalterin und ein Webdesigner beschreiben, wie sich ihr Berufseinstieg bzw. ihre Ausbildung gestalteten.
Teil 6: »Mein Arbeitsalltag ist komplett anders, als ich erwartet hatte«: Eine Creative-Services-Managerin, ein Junior Brand Strategy Consultant und eine Grafikdesignerin erzählen.
7 Tipps von Design-Professoren für Berufseinsteiger gibt’s hier.
Hier haben wir 9 Tipps von erfahrenen Branchenexperten zusammengestellt.
Noch mehr zum Thema haben wir in unserer großen Titelgeschichte in PAGE 01.2018 gesammelt. Die Ausgabe kann hier heruntergeladen werden.
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